Weit weg vom Massentrubel.

Ein paar Kilometer westlich vom Fuße des Alpe d'Huez liegt entlang einer breiten, ebenen Straße die Abzweigung zum Col de la Croix de Fer.
Der südwestliche Anstieg zum Col de la Croix de Fer ist ein schlafender Riese. Er hat nicht viele sexy Haarnadelkurven, brummelnde Felswände oder atemberaubende Canyons zu bieten, aber er enttäuscht nicht.

Seit jeher gibt es eine Route über diesen Gebirgspass. Die Straße ist im Vergleich zu früher größtenteils noch genauso. Der einzige Unterschied sind heute zwei Stauseen, einer oben und einer unten. Sie regulieren das gewaltige Schmelzwasser, das jedes Frühjahr von den Berggipfeln herabfällt.
Die Gesamtstrecke beträgt 32 km. Die durchschnittliche Steigung beträgt nur 4,1 %, aber die Zahlen sind irreführend. Innerhalb des Anstiegs gibt es Abschnitte mit 11 %, und zum Gipfel hin wird die Luft merklich dünn. Aber das wird Ihnen nichts ausmachen, denn dann fahren Sie über das Dach der Welt.

Weit weg von der tobenden Menge schenkt Ihnen der Col de la Croix de Fer die Sonne auf dem Rücken und den Wind in den Haaren. Ein Gefühl der Befreiung, das Sie verspüren, wenn Sie sich in einer Umgebung befinden, die so riesig ist, dass Sie völlig unbedeutend werden. Wo Ihre Wünsche und Abneigungen einfach keine Beachtung finden, wo Sie nur ein Punkt sind. Es ist, gelinde gesagt, ein immersives Experiment. Solche Orte können Sie befreien.

Kurz vor dem Gipfel bietet der Col de la Croix de Fer einen 360-Grad-Blick auf eine der schönsten Alpenlandschaften überhaupt. Es ist ein Ort der Reinheit und Schönheit. Jeder unerschrockene Radfahrer hat jetzt für einen Moment so ziemlich alles vergessen, was vor diesem Tag, dieser Stunde, dieser Minute passiert ist. Er lebt im Augenblick, für den Augenblick, mit all seiner Anstrengung und seinem Schmerz. Die dünner werdende Atmosphäre entzieht den Lungen den Sauerstoff, der zum Antrieb der brennenden Muskeln erforderlich ist. Die Müdigkeit hat sich stark eingestellt, aber es gibt einfach keinen anderen Ort auf der Welt, an dem er jetzt lieber wäre.

Mit Ausnahme vielleicht des Cafés oben.

© davidt 2023